Stefan Camenzind, Architekt und Partner der Evolution Design AG: „Flexibilität und Agilität werden in der Bürogestaltung weiter an Bedeutung gewinnen“

Stefan Camenzind ist Architekt und Workplace Innovator und begleitet Unternehmen mit dem Ziel, smarte und innovative Arbeits- und Lebensräume der Zukunft zu kreieren. Als Partner und Executive Director der Evolution Design AG in Zürich vertrauen Unternehmen wie Google, Unilever, PriceWaterhouseCoopers oder easyCredit auf seine Expertise. Die Evolution Design AG wurde 2004 gegründet und ist ein international erfolgreiches Schweizer Architektur- und Designbüro. Von der Analyse über das Design bis zur Umsetzung werden hier optimale Arbeitswelten verwirklicht.

Wie entstehen diese Kundenprojekte? Und welches sind die wichtigsten Faktoren für das Büro der Zukunft? Das wollten wir von Stefan Camenzind wissen, der auf der iafob-Jahrestagung am 26. November über die Kreation gesamtheitlicher Arbeitskonzepte sprechen wird.

IAFOB:
Sie haben preisgekrönte Mitarbeiterwelten für Google oder PriceWaterhouseCoopers entwickelt. Wie entstehen Ihre Ideen – im stillen Kämmerlein, im Freien, in der Zusammenarbeit im Team?

Stefan Camenzind:
Unsere Projekte basieren vor allem auf einer sehr engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Wir setzen Analysetools ein, mit denen wir genau hinschauen. Aber gleichzeitig steht der kreative Austausch im Team mit Mitarbeitern und Kunden im Vordergrund. Es ist ein langsames Herantasten, ein Heranarbeiten an den Kern, so dass sich Lösungen schlussendlich wie selbstverständlich selbst ergeben.

IAFOB:
Die Evolution Design AG nutzt eine eigens entwickelte Erhebungs- und Analysemethode, um Architekturprojekte zu planen. Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Stefan Camenzind:
Wir haben festgestellt, dass gerade bei Workplace-Projekten sehr viel auf eigener Intuition und eigenen Empfindungen beruht. Kunden formulieren ihre Gedanken oft mit Sätzen wie „Ich denke“, „Ich glaube“, „Ich möchte“. Auf dieser Basis ist es schwer, Projekte zu entwickeln, die wirklich fundiert sind. Aus diesem Grund haben wir Analyse- und Erhebungstools entwickelt, aus denen wir Benchmarks errechnen können. So ermitteln wir, welche Ressourcen wir brauchen und in welcher Qualität, damit wir sicher sein können, dass die Dinge, die wir tun, auch tatsächlich den Bedürfnissen des Kunden heute und in der Zukunft entsprechen.

Zudem gehen wir gezielt auf die Unternehmenskultur und Werte unserer Kunden ein und gestalten Räume, in denen Mitarbeiter und Besucher nicht nur optimale funktionale Bedingungen vorfinden, sondern auch Räume, die in der Atmosphäre und Haptik die Unternehmenskultur erlebbar machen und sie auch bewusst stärken.

IAFOB:
Bevor Sie Ihr Architekturbüro in Zürich gründeten, haben Sie in London und Paris gelebt. Welche Einflüsse oder Methoden haben Sie von dort mitgebracht?

Stefan Camenzind:
Was ich aus diesen Erfahrungen mitgenommen habe, ist sicherlich, wie schnell sich die Welt verändert. Gerade in den Megacities spürt man dies konstant. Das hat mir gezeigt, dass es nicht sinnvoll ist, zu sehr zurückzuschauen. Dinge, die man gemacht und erlebt hat, bilden ein gutes Fundament, aber man sollte vorausschauen und vorausdenken: Was könnte das nächste „große Ding“ sein? Wie können wir mit Bauten, die für die Zukunft gemacht werden, Räume und Bedürfnisse abdecken, die es vielleicht heute noch gar nicht gibt? Das geht nur, indem man selbst versucht, sich diese Fragen zu stellen und Antworten zu finden.

IAFOB:
Sie unterstützen Unternehmen dabei, smarte und innovative Arbeits- und Lebensräume zu schaffen. Welches sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Faktoren für die Büros der Zukunft?

Stefan Camenzind:
Heute ist es schwer, zwei bis fünf Jahre in die Zukunft zu schauen. Doch gerade weil es immer schwieriger wird, Trends vorherzusehen, werden Flexibilität und Agilität in der Bürogestaltung weiter an Bedeutung gewinnen. Nur so können Unternehmen auf die sich schnell verändernden Bedürfnisse und Markt-Gegebenheiten reagieren. Das heißt, zukünftige Büros müssen noch agiler und flexibler sein, damit man sie schnell anpassen kann.

IAFOB:
Auf der iafob-Jahrestagung 2019 werden Sie aus der Praxis berichten und Best Cases zeigen, wie gesamtheitliche Arbeitskonzepte kreiert werden können, die Mitarbeiter*innen mit unterschiedlichen Bedürfnissen unterstützen. Wie nehmen Sie Kunden im Kreationsprozess mit, damit genau das gelingt?

Stefan Camenzind:
Wir versuchen, gemeinsam mit dem Kunden auf eine Reise zu gehen. Nur, wenn wir als Team agieren – der Kunde zusammen mit uns als Experten – können wir die besten Synergien daraus ziehen. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Auftraggebern zusammen. So haben wir normalerweise wöchentlich oder zweiwöchentlich Ganztagesworkshops, in denen wir alle Themen gemeinsam weiterentwickeln. So gehen wir sicher, dass es ein stark integrierter Prozess ist und wir das Potential des Gesamtteams optimal nutzen.