Die Kunst des Ausruhens: Pausen sind Teil des Arbeitens

Nur eine Pause pro Tag – so sieht die Pausenkultur bei mehr als drei Vierteln der Befragten in Deutschland aus. Das geht aus einer Studie hervor (veröffentlicht im iga-Report 34), die für die Initiative Arbeit und Gesundheit 2018 erstellt wurde.

Die Länge dieser einen Pause: etwa 30 Minuten. Etwa die Hälfte bleibt währenddessen am Arbeitsplatz. Die anderen gehen essen oder spazieren. Nur diejenigen, die spazieren gingen, gaben an, dass sie sich dabei erholen.

Die Erholung war umso besser, je öfter sie spazieren gingen, sich mit Kolleg:innen unterhielten oder Gymnastikübungen machten.

Diejenigen, die am Arbeitsplatz blieben, nutzten i.d.R. soziale Medien oder den Bildschirm für private Zwecke. Jüngere Beschäftigte erlebten diese Pause als erholsam, während der Wert der Erholung für ältere Mitarbeitende gering war.

„Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst der Arbeit“, sagte einst der amerikanische Schriftsteller John Steinbeck.

Pausen sind als Ausgleich zu Beanspruchungsphasen für den Erhalt von Leistung und Gesundheit von zentraler Bedeutung.

Leistungssportler können nur dann Bestleistungen erzielen, wenn sie regelmäßig Pausen einlegen. Zum Trainingsplan gehört auch die Pausenplanung, die exakt eingehalten wird.

Der Wechsel zwischen Anstrengung und Pause, macht erst die Höchstleistungen möglich.

Prof. Dr. Ingo Froböse, Professor für Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln sagt:

„Anstrengung und Erholung gehören untrennbar zusammen. Nur wenn Sie sich zur richtigen Zeit Entspannung gönnen, bekommen Sie den Kopf wieder frei und den Körper wieder fit.“

Keine Zeit für Pausen zu haben, rechnet sich nicht. Denn im ermüdeten Zustand kommen keine Ideen und die Fehler häufen sich. Selbst kurze Pausen helfen bei der Regenerierung.

In seinem Buch „Power durch Pause“ gibt Prof. Froböse Tipps für Auszeiten von einer bis zu über 30 Minuten. Manchmal genügt eine Minipause, eine kurze Arbeitsunterbrechung, damit man wieder in den „Flow“ kommt.

Eine längere Pause verbunden mit Bewegung hilft, damit man sich wieder besser konzentrieren kann. Lange Pausen, wie z.B. der Feierabend oder noch länger der Urlaub, stellen einen deutlichen Wechsel zwischen „On“ und „Off“ dar und dienen der Gesundheit. Es ist ein Auftanken des leeren Akkus, was notwendig ist, um wieder Energie zu haben, um wieder Höchstleistungen bringen zu können.

Nur, wer die Möglichkeit hat, zwischendurch seine Akkus wieder aufzuladen, kann kreativ und motiviert arbeiten. Wir leben in unserer Wirtschaftsgesellschaft von Ideen und Innovationen. Nur diese bringen uns voran. Wir brauchen Kreativität, und die kann nur mit erholtem Geist entstehen.  

Zahlreiche Pausen, sogar wenn sie nur wenige Minuten dauern, stärken das Herz, dienen der Erholung und individuellen Kontemplation.

Das kurze Tages-Nickerchen, Powernapping genannt, entlastet den Körper, beugt Erschöpfungszuständen vor, steigert die Leistung, wirkt sich positiv auf das Kurzzeitgedächtnis aus, erhöht Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, baut Stress ab und schafft gute Laune.

Wissenschaftlich erwiesen ist, dass bereits zehn Minuten Schlaf zum Ausruhen des vegetativen Nervensystems reichen und dadurch zur Leistungssteigerung beitragen.

Cal Newport berichtet über ein Experiment des Psychologen Stephen Kaplan im Jahre 2008 an der Ann Arbor University of Michigan. Zwei Gruppen hatten eine konzentrationsintensive Aufgabe zu lösen. Beide Gruppen mussten die Arbeit unterbrechen und eine Pause machen. Die eine Gruppe musste auf einem Waldweg spazieren gehen, die andere machte den Spaziergang durch das lebhafte Stadtzentrum.

Ergebnis: Die Naturgruppe erbrachte bis zu 20 Prozent bessere Leistungen. Dieses Resultat blieb auch bestehen, als dieselben Personen in einem zweiten Experiment die Örtlichkeiten tauschten. Es waren also nicht die Menschen, die die Leistung bestimmten, sondern die Umgebung des “Pausenraums”.

Das Experiment bestätigte die Attention Restoration Theory (ART), wonach die Umgebung – insbesondere eine reizarme, naturnahe Umgebung – die Konzentrationsfähigkeit stärkt. Auszeiten füllen also die Energiereserven, die insbesondere bei der Aufmerksamkeit endlich sind, wieder auf.

Bei Ruhezonen für Pausen spielt auch der Bezug zur Natur eine entscheidende Rolle, wie das Experiment von Stephen Kaplan im Jahre 2008 belegt.

Die Urbanisierung führt dazu, dass die Menschen heutzutage 95 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen, in städtischen Umgebungen verbringen (Human Spaces Report von Interface, 2015).

Die Folge: Mitarbeitende sehnen sich nach Ruhe und Entschleunigung, nach Auffüllen ihrer Energiereserven, die sie früher aus dem Erleben in der Natur gewonnen haben. Eine Gestaltung des Büros, die viel Naturelemente einbezieht, hilft dieses Bedürfnis zu befriedigen.

 

Quellen:
Human Spaces Report von Interface, 2015; Flexible Arbeitswelten, Arbeiten in Zeiten der Pandemie – zwischen Coworking und Homeoffice, 2020, Zürich: vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Seite 58 ff.

Über den Autor

Dieter Boch, iafob deutschlandDieter Boch ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung (iafob deutschland) und Leiter des internationalen Flexible.Office.Network., einem überbetrieblichen Forum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zur BüroArbeitswelt von Morgen. Als Dozent lehrte er an der Fachhochschule Salzburg und der Hochschule für Wirtschaft in Zürich Führungsverhalten und Future Work & Workplace Design. Der Diplom-Psychologe ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen und
Mitherausgeber der Buchreihe „Flexible Arbeitswelten“.