Matthias Mölleney, Direktor am Future Work Forum: „Führungskräfte sind nicht mehr Superhelden, sondern Enabler, Coaches, Facilitators, Moderatoren“

Ehemaliger Topmanager, Unternehmensberater und Direktor am internationalen Think Tank „Future Work Forum“ in London: Matthias Mölleney gilt als einer der europäischen Experten für die Arbeitswelt der Zukunft.

Im September 2019 erscheint sein neues Workbook „Beyond Leadership“, in dem er für ein neues Führungsverständnis plädiert und aufzeigt, wie man es konkret und einfach umsetzen kann. Agile Netzwerke bräuchten aus seiner Sicht andere Führungskonzepte als althergebrachte hierarchische Systeme.

Auf der diesjährigen Jahrestagung des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung spricht Matthias Mölleney am 26. November in Frankfurt am Main über das Führen in agilen Strukturen. Wir sprachen vorab mit ihm über die Veränderungen, die auf Unternehmen in den nächsten Jahren zukommen und wie man ihnen begegnen kann.

IAFOB:
Sie waren jahrzehntelang Führungskraft auf Managementebene in renommierten Unternehmen wie Lufthansa oder Swissair. Wie hat sich Leadership in den vergangenen Jahren verändert?

MÖLLENEY:
Die Grundlagen von Leadership haben sich eigentlich kaum verändert in den letzten Jahrzehnten. Was sich stark verändert hat, sind die Anforderungen und Ausprägungen. Heute geht es nicht mehr primär um die vertikale Beziehung zwischen «Führenden» und «Geführten», sondern um die Gestaltung von Kooperationsbeziehungen im Sinne einer aktiven Followership.

Unternehmen verändern sich seit einigen Jahren verstärkt in Richtung einer höheren Flexibilität und Entscheidungsgeschwindigkeit, was zu netzwerkartigen anstelle von streng hierarchischen Strukturen führt und zu Ausprägungen von Leadership, die eine starke Coaching-Komponente haben. Führung muss in diesem Sinne als eine Dienstleistung verstanden und gelebt werden.

IAFOB:
Welche Eigenschaften sollten Führungskräfte heutzutage mitbringen?

MÖLLENEY:
Sie müssen vor allem in der Lage sein, mit Unsicherheiten umzugehen und auch in stetigen Veränderungen immer neue Perspektiven generieren. Außerdem müssen sie sich mehr denn je ihrer Vorbildrolle bewusst sein.

IAFOB:
Im September veröffentlichen Sie Ihr neues Buch „Beyond Leadership“. Welche drei wichtigen Tipps würden Sie Führungskräften im Umgang mit ihren Mitarbeitern geben?

MÖLLENEY:

  1. Interessieren Sie sich für Ihre Mitarbeitenden, finden Sie heraus, was ihnen wichtig ist und welche persönlichen Werte sie haben.
  2. Kommunizieren Sie gut und regelmäßig mit Ihren Mitarbeitenden, geben Sie Ihnen konstruktives und wertschätzendes Feedback.
  3. Schaffen Sie eine Kultur der psychologischen Sicherheit, d.h. ein Umfeld, in dem sich alle Teammitglieder frei äußern, ohne persönlich negative Konsequenzen befürchten zu müssen – bauen Sie ständig am gegenseitigen Vertrauen zwischen allen Beteiligten.

IAFOB:
Auf der iafob-Jahrestagung 2019 werden Sie über das Führen in agilen Strukturen sprechen. Welche Unterschiede gibt es aus Ihrer Sicht zum Führen in hierarchischen Strukturen?

MÖLLENEY:
In agilen Strukturen gibt es keine rein vertikalen Führungsbeziehungen. Alle Mitarbeitenden arbeiten in netzwerkartigen und in der Regel wechselnden Strukturen, die wiederum autonom oder zumindest teilautonom gesteuert werden. Führungskräfte sind dabei nicht mehr die Superhelden, die alles wissen, alles können und alles entscheiden. Sie sind vielmehr Enabler, Coaches, Facilitators, Moderatoren usw.

IAFOB:
Als Direktor des internationalen Think Tank „The Future Work Forum“ in London beschäftigen Sie sich mit den Auswirkungen der demographischen Veränderungen auf die Arbeits- und Arbeitszeitmodelle der Zukunft. Welche großen Veränderungen erwarten uns in den nächsten Jahren? 

MÖLLENEY:
Wir sehen in Europa eine bereits begonnene Pensionierungswelle der Baby-Boomer-Generation, was zu erhöhten Anforderungen an das Wissensmanagement führt, damit die erworbenen Fachkenntnisse und Erfahrungen nicht verloren gehen. Gleichzeitig sehen wir, zum Teil bedingt durch diese Pensionierungswelle, einen dramatischen Fachkräftemangel. Das wird aber noch ergänzt durch das Phänomen, dass ein Teil der traditionellen Arbeitsplätze durch digitale Technologien ersetzt werden kann. Damit gehen aber auch Arbeitsplätze verloren, die wir früher dafür eingesetzt haben, Nachwuchsmitarbeitende auf höherwertige Spezialistenfunktionen und Führungsaufgaben vorzubereiten.

IAFOB:
Wie können Unternehmen diesen Veränderungen begegnen?

MÖLLENEY:
Wir müssen uns davon verabschieden, dass es Standardlösungen gibt. Wir müssen intensiver darüber nachdenken, was für das eigene Unternehmen wichtig und richtig ist. Wir werden dadurch eine größere Vielfalt an Organisations- und Führungsformen erleben. Das Personalmanagement wird in diesem Zusammenhang eine wichtigere Rolle spielen müssen.

Über Matthias Mölleney:

Nach 20 Jahren in den Diensten der Lufthansa, davon die letzten acht auf der obersten Managementebene, wechselte Matthias Mölleney 1998 in die Schweiz. Dort war er Mitglied der Konzernleitung und Personalchef von Swissair, Centerpulse und Unaxis. 2005 gründete er die Beratungsfirma peopleXpert gmbh in Uster. Er berät und begleitet Unternehmen und Führungskräfte in Veränderungssituationen und in Fragen von Führung und professionellem Personalmanagement. Zudem leitet er seit 2009 das Center für Human Resources Management & Leadership an der HWZ Hochschule für Wirtschaft in Zürich, unterrichtet an Hochschulen und ist Buchautor. Außerdem ist Mölleney Präsident der ZGP Zürcher Gesellschaft für Personal-Management und Direktor am internationalen Think Tank «Future Work Forum».