Die Veränderung des Klimas ist beunruhigend. Oder?
Mit einem Temperaturmittel von 4,1 Grad Celsius war der letzte Winter 2023/2024 der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Schon 13 sehr milde Winter in Folge. Die Monate Januar, Februar, März waren die wärmsten seit Beginn der Wettermessungen vor über 100 Jahren und im Vergleich zur Referenzperiode von 1981 – 2010. Aber es war auch der niederschlagsreichste Winter. Zwischen Dezember und Ende Februar fielen im Schnitt 270 Liter Niederschlag je Quadratmeter – und damit annähernd 50 Prozent mehr als die übliche Menge.
Diese Veränderung des Klimas führt zu einer Zunahme gravierender Wetterereignisse und damit zu einer immer stärkeren volkswirtschaftlichen Belastung.
Die Philippinen sind das Land, das am stärksten betroffen ist. 3,0 Prozent des BIP beträgt der volkswirtschaftliche Schaden. Auf Platz zwei liegen die USA mit 0,39 Prozent des BIP = 97 Milliarden Dollar, gefolgt von Thailand, Österreich und China. Deutschland lag mit Schäden von 0,14 Prozent des BIP auf Platz 14 = 700 Millionen Euro.
Die Schätzungen liegen eher am unteren Ende möglicher wirtschaftlicher Schäden und beziehen sich auf die gesamten Schäden, nicht nur die versicherten Schäden. Das wissen die Betroffenen der anhaltenden Regenfälle im Dezember 2023 und Januar 2024 in Niedersachsen, die zu massiven Überschwemmungen mit vom Wasser bedrohten Häusern und zu Evakuierungen führten. Hunderte Helfer waren über Wochen im Dauereinsatz.
„Endlich wieder draussen sitzen“, freuten sich die Menschen Anfang April 2024 in Deutschland.
Der Sommer hatte beschlossen, bereits am ersten Aprilwochenende da zu sein. Der Jubelschrei der Menschen ging selbstverständlich davon aus, dass es sich dabei um schönes Wetter handelt – und nichts anderes. An die Unwetter in Niedersachsen dachte dabei niemand, das war schon lange vorbei.
Den meisten Menschen ist eine „Werkseinstellung“ mitgegeben, in die eine bestimmte Sehnsucht programmiert ist: nach Wärme, Sonne und allem, was damit verbunden ist. Glühwein im April würde keiner wollen, aber Sonnenbaden schon. Als Exot gilt hierzulande der, der nach Grönland fährt. Diejenigen, die auf die Malediven fliegen, sind ganz normal.
Nicht nur die Menschen, auch das Klima sollte aus diesem Aprilwochenende eine Lehre ziehen. Erderwärmung ist eine Form der Krise, von der viele nicht genug bekommen können. Eine Erderkältung hingegen nicht.
Das Klima muss noch viel lernen, wenn es ernst genommen und so beachtet werden will wie das Wetter.
Es hat zwar viel Niederschlag gegeben, aber nicht viel geschneit im Winter 2023/2024. Und wenn, dann war es so warm, dass der Schnee nicht liegen blieb. Und dennoch waren die Skigebiete ausgebucht. Mit dem Skifahren aufzuhören, daran dachten nur die wenigsten.
Aufhören ist schwer, jede:r Rauchende weiß das. Wenn von der Klimaveränderung die Rede ist, hört man immer wieder, dass der Mensch einige seiner Gewohnheiten aufgeben sollte. Aufhören, so viel Fleisch zu essen, so viel mit dem Flugzeug zu fliegen, so viel Trinkwasser zu verbrauchen, aufhören, sich nach Sonne und Wärme zu sehnen. Es wird nicht gehen, der Mensch hat eine andere „Werkseinstellung“.
Will man erreichen, dass Menschen aufhören, muss man ihnen Mut zum Anfangen machen. Wer aufhört, hat die Chance etwas anzufangen. In jedem Anfang steckt auch Hoffnung auf etwas Neues und der Glaube an die Zukunft.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und uns hilft zu leben.– Hermann Hesse, Stufen, ein Gedicht, aus dem Buch „Das Glasperlenspiel“, 1943
Quellen: DWD, Munich Re, Swiss Re, SZ Magazin
Über den Autor
Dieter Boch ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung (iafob deutschland) und Leiter des internationalen Flexible.Office.Network., einem überbetrieblichen Forum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zur BüroArbeitswelt von Morgen. Als Dozent lehrte er an der Fachhochschule Salzburg und der Hochschule für Wirtschaft in Zürich Führungsverhalten und Future Work & Workplace Design. Der Diplom-Psychologe ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen und
Mitherausgeber der Buchreihe „Flexible Arbeitswelten“.